Von Plattdeutsch bis Til Schweiger – Deine „Tatort“-Spurensuche im Cuxland

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CuxlandVibes Redaktion

Wenn du an Cuxhaven oder Neuwerk denkst, hast du vielleicht erst einmal Wind, Watt und Wasser im Kopf – aber wusstest du, dass die Region auch eine spannende Rolle in der Geschichte des „Tatort“ spielt? Die Küstenregion wurde mehrmals zur packenden Kulisse düsterer Kriminalfälle – von Haien vor Helgoland bis hin zu Ermittlungen im Wattenmeer.

Sonntagabend, 20 Uhr – und Oma ruft dich energisch aus dem Wohnzimmer. Du weißt Bescheid: „Tatort“-Zeit. Seit fast 55 Jahren flimmert die Krimireihe über deutsche Bildschirme und ist längst mehr als nur Fernsehunterhaltung. Der „Tatort“ ist Kult – und zeigt dabei auch die ganze Vielfalt deutscher Regionen. Jede Woche sorgt ein anderes ARD-Team für eine neue Folge mit Lokalkolorit. Auch Cuxhaven und die Nordseeküste durften schon mehrfach mitmischen.

„Wat Recht is, mutt Recht bliewen“ Im Herbst 1981 kam das „Tatort“-Team zum ersten Mal nach Cuxhaven – genauer gesagt nach Altenbruch und Neuhaus. Die 136. Folge gehört zu den ruhigeren, denn gesprochen wird wenig. Und wenn, dann Platt. Der Titel sagt es schon: „Wat Recht is, mutt Recht bliewen.“ Vier wortkarge Seemänner sitzen Tag für Tag auf ihrer Bank vor dem Lokal „Zur Schleuse“ – mit Blick auf den Jachthafen. Doch als ein Hamburger Segler ermordet wird, schweigen sie. Kommissar Nikolaus Schnoor (Uwe Dallmeier) versucht, sie an ihre Devise zu erinnern: „Wat Recht is, mutt Recht bliewen.“

Die Stars auf der Bank

Mit ihrem trockenen Humor und echtem norddeutschen Charme stehlen die vier Männer allen die Show. Eigentlich sind sie keine Schauspieler, sondern Mitglieder der Helgoländer Börte. Regisseur Volker Vogeler entdeckte sie auf Helgoland. Beim Casting im Deutschen Haus in Altenbruch wollten 400 Leute mitmachen – eine kleine Rolle ging sogar an den neunjährigen Schüler Eren Gündogdu, den man in der Abendrothschule entdeckte.

Die Seebären Harry Oelrichs, Helmut Block, William Denker und Friedrich Wichers vor dem Altenbrucher Lokal „Zur Schleuse“. Foto: NDR/Wulff

Zu viel des Guten? 14,39 Millionen Menschen sahen die Folgen bei ihrer Erstausstrahlung. Es blieb allerdings Schnoors einziger Auftritt. Das Magazin „Stern“ nannte die Episode später eine der „kontroversesten in der Tatort-Geschichte“ – wegen des vielen Plattdeutsch. Für Zuschauer aus anderen Regionen war das offenbar zu viel: „80 Minuten Untertitel – das wollte keiner“, so das Urteil.

Hafenmeister Simoneit (Werner Eichhorn) wartet in „Wat Recht is, mutt Recht bliewen“ auf ein Boot, auf Nachricht? Foto: NDR/Wulff

„Tatort: Haie vor Helgoland“ 21 Folgen später war die Nordsee erneut im Fokus: In „Haie vor Helgoland“ (1984) machen drei Ex-Häftlinge eine Butterfahrt – stilecht mit Krimsekt und Kaviar. Doch schnell wird es ernst: Die Idee, die Einnahmen der Touristen zu rauben, endet in einem tödlichen Überfall auf dem Schiff „Wappen von Hamburg“. Kommissar Stoever (Manfred Krug) ermittelt – es ist sein erster Fall.

Hauptkommissar Stoever (Manfred Krug, links) und sein Kollege Brockmöller (Charles Brauer) haben einen schwierigen Fall zu lösen: Ein Toter wurde im Wattenmeer der Insel Neuwerk gefunden. Foto: NDR/Studio Hamburg

Als Krimi zur Realität wurde, sahen 16,85 Millionen Menschen die Folge. Zwei Wochen später wurde die Geschichte fast Realität: Zwei Täter überfielen eine echte Butterfahrt und erbeuteten 60.000 D-Mark. Verletzt wurde niemand. Die Kritik lobte den Film als grundsoliden Krimi mit einem sympathischen Ermittler.

„Tod auf Neuwerk“ 1996 kehrten Stoever und sein Kollege Brockmöller (Charles Brauer) für Folge 328 zurück in die Region. In „Tod auf Neuwerk“ finden Wattwanderer eine Leiche im Schlick. Der Schifffahrtsdirektor Freimut Drost wurde gefesselt und ermordet. Die Inselbewohner sind schweigsam, Hinweise rar. Doch auch ein altes Vermisstenrätsel rund um Jonas Schomann spielt plötzlich eine Rolle.

9,48 Millionen Zuschauer schalteten ein. „TV-Spielfilm“ vergab die Bestnote – wegen Krug, Brauer und der Atmosphäre. Kritiker merkten aber an: „Vor allem was für Fans der Hamburger Ermittler.“

Und die Fans kommen bis heute. Auf YouTube gibt es die Folge komplett zu sehen – und in den Kommentaren liest du Sätze wie: „Ich war endlich mal auf Neuwerk – nur wegen Stoever und Brockmöller!“ Oder: „Ich stand neulich in Duhnen am Strand. Neuwerk war so nah – aber alles ohne Leiche.“

Til Schweiger: „Tatort: Tschill Out“ 2020 kam Prominenz auf die Insel: Til Schweiger alias Nick Tschiller zog sich nach einem Schicksalsschlag nach Neuwerk zurück. Seine Frau wurde ermordet, er wartet auf das Disziplinarverfahren. Sein Kollege Gümer (Fahri Yardım) ermittelt derweil in einem Drogenfall. Als ein Kronzeuge in Gefahr ist, bringt Gümer ihn ausgerechnet zu Tschiller nach Neuwerk – in der Hoffnung, hier sei er sicher.

Nick Tschiller (Til Schweiger) mit den Jugendlichen der Wohngruppe, um die er sich auf Neuwerk kümmert, beim Joggen. Foto: NDR/Christine Schroeder
 

Doch die Ruhe trügt. Der Zeuge traut niemandem, es kommt zu Spannungen. Und auch auf Neuwerk lauert Gefahr.

7,56 Millionen sahen die Folge. Kritiker merkten an: Weniger Action, mehr Nachdenklichkeit. Die Süddeutsche schrieb: „Das ist nicht tschillen – das ist Entzug.“ Der Spiegel hielt es für solide: „Nicks neue Nachdenklichkeit vor herber Nordseekulisse – knapp, aber gelungen.“

Ob Platt oder Promi – der „Tatort“ an der Nordsee ist immer ein Erlebnis.

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